Markt und Konkurrenz

Konkurrenz und Spekulation

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Konkurrenz (zu lat. concurrere ‚zusammenlaufen‘, ‚um die Wette laufen‘) und Spekulation (von lat. speculari spähen, beobachten; von einem erhöhten Standpunkt aus in die Ferne spähen) haben im Finanzwesen eine gemeinsame Facette – die Wette.

In der Konkurrenz(Wettbewerb) um Kunden „laufen/kämpfen“ (bildlich aus den antiken Bewerben) die Institute mit ihren Mitteln um den Sieg, der mehr Gewinn und/oder Kunden (Macht) verspricht. Die Mittel des Wettbewerbs sind Fähigkeiten, wie in der Produktentwicklung, dem Vertrieb, dem Risikowesen, oder verfügbare Liquidität/ Kapital. Wichtig ist, dass Wettbewerbe auch durch das Eingehen von größeren Risiken gewonnen werden können.

Spekulation meint im Finanzwesen eine Wette, welcher eine Zukunftsprognose hinsichtlich der Wert- oder Risikoentwicklung eines Vermögensgegenstandes oder eines Zahlungsstroms unterliegt. Die Vertragspartner „laufen/kämpfen“ daher mit Ihren Mitteln, um die Zukunft besser einzuschätzen.

Die Mittel können Fähigkeiten, zum Beispiel mathematisch - analytischer Natur, oder überlegene Informationen sein. Prinzipiell ist die Wette Teil des Finanzwesens (immer Spekulation), denn die Vorteilhaftigkeit eines Produktes (Einlagen, Kredite) hängt fast immer von einer unsicheren Zukunft ab. Z.B. wie entwickeln sich die Zinsen und wie soll daher das Geld angelegt werden oder der Kredit verzinst werden? Wette und Wettkampf bedürfen mindestens zwei williger Vertragspartner, enden immer mit einem Verlierer und einen Gewinner und das Ergebnis liegt offen in der Zukunft. Wette und Wettbewerb sind somit im Bankengeschäft aufgrund der unsicheren Zukunft nahe beieinander. Wetten (Spekulation) ist momentan "schlecht" und Wettbewerb (Konkurrenz) ist "gut", solange er fair ist.

Öffentliche Anstalten: "Spekulation"  ist gerade wieder ein besonderes Unwort, da viele Länder und Kommunen Steuergeld verloren haben oder gerade verlieren. Spekuliert haben aber auch viele Private mit Ihren Krediten (Schweizerfranken), mit Ihren Aktienportfolios etc. Viele davon haben viel gewonnen und viele auch draufgezahlt. Spannend wie schlecht die Spekulation nun ist, nachdem so lange so gut daran verdient wurde. Jetzt fordern Parteien in Österreich die Spekulation für öffentliche Institutionen (zum Teil mit einem Verfassungsgesetz) zu verbieten. Wir lösen Fragen des Risikonehmens und der Gier mit einem Spekulationsverbot. Bei Öffentlichen Anstalten lässt sich das mit entsprechenden Gesetzen leicht lösen. Das wird sich jetzt zum Glück ändern.

Private: Wo liegt das Problem bei Privaten? Eine philosophische Frage ist, was es bedeutet, wenn zunehmend Menschen glauben, dass Wetten auf eine unsichere Zukunft Teil des Einkommens oder des Vermögensbildungsplans sind. Alle werden zu Spielern alle nehmen Risiko. Mit der privaten Vorsorge genauso wie mit der Ich AG. Hier wird es wieder spannend. Weniger Wetten (Spekulation, Risiko) hinsichtlich des privaten Vermögens, jedoch mehr private Vorsorge mit mehr Risiko. Gleichzeitig wollen wir mehr Unternehmer die Risiko auf sich nehmen. Lauter Ambivalenzen!! Da gibt es die scheinbar einfachen Sonderfälle wo der Konsumentenschutz zieht und sich "richtig" und "falsch" leicht beantworten lassen. Zum Beispiel, wenn Risiken eingegangen werden, die Mann und Frau nicht vestehen können (Schweizerfranken) und das Gegenüber qualifiziert ist (Bank). Dann sicher nicht. Hmm. Genug Private haben mit eben diesen Krediten lange Zeit von niedrigen Zinsen profitiert. Wo fängt die Selbstverantwortung an. Wollen wir eine risikolose Gesellschaft? Wie sieht es aber prinzipieller aus - wenn z.B. Private auf Börsen spekulieren? Spannend ist hier, dass sich religiöse Standpunkte (kein Casino, keine Spekulation, ehrliche Arbeit, Fragen der Gier) mit linken Positionen (kein Casionokapitalismus) überschneiden. Die Diskussion zur Kreditvergabe von Privaten an Unternehmen ergab das Freiheit vor Schutz gehen sollte. Ist das hier auch die Antwort? Ich habe noch keine Antwort für mich, aber konsequenter Weise, müsste die Antwort die gleiche sein.

Banken: Da wir alle - Banken besonders - immer mit der unsicheren Zukunft agieren, Vermutungen anstellen, glauben und daher auch "spekulieren", zeigt, dass die Spekulation nicht per se etwas Schlechtes ist. Das war jetzt etwas sehr grundsätzlich. Die aktuelle kritische Diskussion stellt ja spekulative Geschäfte in Frage, bei denen es kein reales Grundgeschäft gibt. Daher sind ja Banken so im Fokus - sie sind ja die Schnittstelle zwischen realen Geschäften und Finanztransaktionen. "Dürfen" und/oder sollen Banken Geschäfte machen, die kein reales Grundgeschäft mehr haben? Dazu habe ich noch keine Meinung, die Abgrenzung scheint aber nicht so einfach zu sein und die Implikationen schon gar nicht. Dazu würde ich gerne mal diskutieren.

Spannend wäre auch eine grundsätzlichere Diskussion zum Thema Risiko in der Gesellschaft. Wo wollen wir Risiken auf individueller Ebene (Altersvorsorge ja, Unternehmertum ja) und wo nicht ("Spekulation" - passt aber nicht zum aktuellen Altersvorsorge Konzept) und wo wollen wir den "Schutz" der Gemeinschaft? Es läuft auf die Frage "Sozialismus vs. Liberalismus" hinaus. Wollen wir eine Gesellschaft, die uns vor Risiken beschützt oder wollen wir viele Risiken auf individueller Ebene.

Kommentare  

0 #11 Ralf 2013-03-07 11:02

Deine Unterscheidungen finde ich spannend. Erinnert mich an die Diskussion zur Macht. Da hattest du eine ähnliche Haltung. Macht (=Geld) ist nur dann erstrebenswert, wenn es nicht um Macht per se - sondern um Macht um etwas zu tun geht. Und das "wozu" bewertest du dann nach moralischen Kriterien. Gleich argumentierst du bei der Spekulation. Wenn es ein wozu (ein schöpferisches, schaffendes Unternehmertum) gibt, dann ist es ein Risiko und moralisch ok. Wenn es "nur" um Profit (Geld=Macht) geht, dann lehnst du es ab. Es wird zur Spekulation. Also nix mit dem Willen zur Macht. Sondern der Wille zum Machen. Falls ich das so richtig verstanden habe, dann frage ich mich nach welchem Kriterium du das Machen dann bewertest. Soll es  bewertet werden, ob es einen dienenden Zweck (Einen Sinn für die Allgemeinheit) hat? Siehst du das so?


Diese Sichtweise funktioniert. Hat aber glaube ich Bruchstellen. In dieser Sicht wäre ein Warren Buffet hinterfragenswert. Er sagt, "er kann Kohle machen" und fokussiert sich darauf. Er lebt aber nachwievor sehr einfach und spendet sein gesamtes Geld für gute Zwecke. Er dient also auch der Allgemeinheit. Mehr wie so mancher nicht spekulierender Mitbürger. Die Salzburger Beamtin hat das Geld ja auch nicht spekulativ veranlagt, um sich selbst zu bereichern, sondern wollte Ihrer Salzburger Community Steuergeld ersparen. Geld das per se der Allgemeinheit dienen sollte? Bin auf deine Erklärung gespannt.

0 #12 Ralf 2013-03-07 11:22

Du schreibst "Die Rendite-Risiko Relation macht Innovation teuer und Stagnation (altbewährtes) billig". Ich finde dein Argument sehr spannend, frage mich aber ob es so wirklich stimmt. Wie besprochen - machen wir dazu mal einen eigenen Beitrag. Hier also vorweg.


Du sagst die Preise steigen mit dem Risiko. So einfach ist doch die Relation nicht. Natürlich steigen die Kreditzinsen und die Kreditverfügbarkeit sinkt bei riskanten Projekten. Riskante Projekte sind oft kleine und junge Unternehmen. Die teuren Kredite machen diese Projekte weniger leicht möglich. Weil aber das Risiko steigt, ist dann meist Eigenkapital (Family & Friends, Seed-Finance, Business Angels, Venture Capital,..) angebracht. Denn diese Finanzierungsformen partizipieren auch proportional am Ertrag, wenn das Projekt aufgeht. Das tut Kreditkapital je nicht. Daher bekommen hier die Investoren in den ersten Jahre gar keine Zinsen und rechnen damit, dass einige der Projekte abgeschrieben werden müssen. Die Conclusio ist, dass ab einem gewissen Risiko, Finanzierungsformen bei denen der Ertrag mit dem Risiko einhergeht, vernünftiger sind. Dann muss die Relation: Innovativer ist teurer nicht mehr gelten. Mir taugen diese Plattformen wie kickstarter extrem, die genau jungen innovationen Einfällen die Finanzierung ermöglichen. Es fehlt glaube ich mehr an guten Einfällen, wie an günstigem Kapital. Ich kenne Business Angels, die zumindest genau meinen, dass es genug Kapital aber zu wenig Projekte gibt. Alte Unternehmen - die keine Nachfrage bedienen, oder nicht funktionieren, zahlen übrigens auch höhere Kreditzinsen.


Ich würde sagen, es gilt. Die Finanzierungskosten sinken mit dem Glauben an den Unternehmenserfolg oder das Unternehmen. Die Frage daraus ist dann, ob du dem Markt mit freien Entscheidern vertraust oder nicht?


Bezüglich staatlichen Programmen. Grundlagenforschung ist doch das beste Beispiel. Extrem hohe langfristige Aufwendungen. Dafür gibts wenig Investoren. Dann muss der Staat. Bei kleinen Starups siche ich das nicht. Wie gesagt, da gibt es Möglichkeiten (wie Kickstarter), auch ohne dem Staat eine weitere Rolle zuzuweisen.


Wenn du dich jetzt am Ertrags Argument anstösst. Es kann ja auch Projekte geben, die sozialen Zwecken ohne Profit dienen. Hier gibt es für die Menschen die Kredite oder Eigenkapital zur Verfüng stellen, dann eben eine Sinnrendite.

0 #13 Ralf 2013-03-24 07:11

Ein Preis ergibt sich, wenn jemand zu einem bestimmten Preis kauft und jemand verkauft. Angenommen es gibt keinen Qualitätsunterschied in einem Produkt (Öl, Kupfer, Weizen) – also homogene Güter, dann gibt es die folgenden Gründe für steigende Preise.:



  1. Wenn das Angebot kleiner ist wie die Nachfrage(oder es eine Erwartung zu so einer Entwicklung in der Zukunft gibt). a.) Sinkendes Angebot (Schlechte Ernte, verbrauchte Ressourcen, Ölkartell) b.) Die Nachfrage schneller wächst wie das Angebot (wieder das Erdöl als Beispiel)

  2. Wenn das Angebot durch steigende Produktionskosten (z.B. Energie, Umweltschutz beim Abbau…) teurer wird

  3. Wenn die Anbieter in der Lage sind die Preise willkürlich zu bestimmen (z.B. Monopolmarkt)

  4. Wenn die Geldmenge steigt - es Überliquidität im Markt gibt – und das Preisniveau steigt


Ich denke, dass der Großteil der von dir beschriebenen Preissteigerungen, durch die Überliquidität im Markt verursacht wird. There is also evidence that, more generally, measures of global liquidity are one of the best performing leading indicators of asset price booms and busts.” [1] Daher entwickeln sich die Preise auch so parallel. Ist das nun Spekulation oder eine Vermögenspreisinflation. Die Grenzen verschwimmen.


Handelt es sich dabei um Spekulation in deiner Definition (Veranlagung rein nach Rendite Überlegung) – ja. Ich halte deine Definition von Spekulation aber für problematisch. Wenn du immer, wenn es um reine Rendite Orientierung geht von Spekulation redest, dann bekommen wir glaub ich ein Definitionsproblem. Dann bin ich ein Spekulant, wenn ich mein Geld auf das Sparbuch mit der höchsten Verzinsung lege. Das mag in deiner Definition so sein, aber irgendwie fehlt doch schon die Risikokomponente in deiner Definition. Spekulation wird begrifflich zu Renditeorientierung. Mir scheint, als ob uns (und in der gesamten Diskussion) eine Definition von Spekulation fehlt. Jeder meint ein bisschen was anders damit und argumentiert von daher. Diesen Punkt wollte ich eigentlich mit meinem Eingangsartikel zeigen.


Natürlich gibt es den Effekt, dass die Erwartung von steigenden Preisen alleine schon zu weiterer Nachfrage führt und dadurch die steigende Preiserwartung erfüllt wird. Das würde wahrscheinlich deine Definition treffen. Das beste Beispiel dafür ist meiner Meinung nach die Tulpenkrise. Es gibt aber noch andere Effekte. Eben die Geldmenge im Markt, oder steigende Nachfrage bei sinkendem Angebot (oder steigendes Preise in der Produktion).     Was bewirken steigende Weizenpreise. Für die ärmsten, die sich nicht autark (eigener Bauernhof) ernähren, bedeutet diese eine Belastung wenn diese Preise stärker steigen wie die Einkommen. Und du hast natürlich Recht, wenn der Finanzsektor gut an jeder Rohstofftransaktion mitverdient, dann muss dieser Preis entweder der Produzent oder der Konsument bezahlen.





[1]ECB 2012, GLOBAL LIQUIDITY: CONCEPTS, MEASUREMENTS AND IMPLICATIONS FROM A MONETARY POLICY PERSPECTIVE http://www.ecb.int/pub/pdf/other/art1_mb201210en_pp55-68en.pdf



0 #14 Max 2013-03-24 18:04

Stimme dir völlig zu, dass die naheliegenste erklärung die Überliquidität ist. Quasi die Suche des "freien Finanzkapitals" nach Anlagemöglichkeiten. Die Überliquidität, da sie sich in der aktuellen Situation hauptsächlich auf Sparguthaben bezieht, geht nicht in den Konsum, sondern in Investitionen. Rohstoffe und da insbesondere Nahrungsmittel, haben aber natürlich eine direkte Auswirkung auf die Lebensmittelpreise. Die NZZ vom 18. März 2013 schreibt dazu: "Die Geldschwemme sorgt für einen Anlagenotstand der Investoren. Die ETF (Exchange-Traded Funds) sind dabei nicht die Ursache, sondern nur ein Symptom der Entwicklung." Die NZZ argumentiert, dass nicht die Finanzmärkte schuld sind, sondern die Zentralbanken durch ihre Marktmanipulationen. Ausserdem wären die hohen Preise ein Vorteil für Kleinbauern. Nachteile für Konsumenten und regelrechte Hungersnöte in unterentwickelten Regionen, werden bezeichnenderweise nicht erwähnt. Laut NZZ tragen die Finanzmärkte und ihre Akteure keine Schuld. Ich finde die Argumentation nachvollziehbar. Zugleich stört mich die den Finanzmärkten unterstellte Naturgesetzlichkeit. Dass diese Naturgesetzlichkeit unterbrochen werden kann, zeigen Beispiele wie die Commerzbank, die sich von diesem Handel (aus ethischen Gründen, aber sicher auch auf Druck der Konsumenten) verabschiedet hat. Eine Ursache ist also sicher die Geldpolitik - da stimmen wir überein. Aber eine weitere notwendige Ursache ist die Bereitschaft von Investoren, sich auf diesem Markt zu engagieren, sie freizusprechen scheint mir völlig verfehlt, da ihnen eigenverantwortliches Handeln abgesprochen würde und eine Investment-Opportunity kein Gegenstand der Reflexion, sondern nur ein Gegenstand des Handelns ist. Das widerspricht allen Grundsätzen selbstbestimmten und -verantwortlichen Handelns. Mit einem Wort: ich würde mich gerne von der Naturgesetzlichkeit der Finanzmärkte verabschieden. Das ist eine Illusion - daher braucht es eine entsprechende Regulation. Die Geldschwämme war nur dadurch notwendig, dass Investoren (bzw. Sparer) nicht als Gläubiger einer Bank angesehen wurden, sondern als Personen mit einem absoluten Recht an ihrem Ersparten.


Noch kurz zur Definition von Spekulation: wie wir wissen beinhaltet jede Renditeneinschätzung auch eine Risikoüberlegung - hab mich da vielleicht ungenau ausgedrückt. Spekulation ist ja immer gerade das in Kauf nehmen eines bestimmten Risikos.

0 #15 Ralf 2013-03-25 10:33

Keine großen Anmerkungen mehr, außer das die Liquidität nur zum Teil von den Zentralbanken gesteuert wird. Banken (Kreditvergabe), Investoren und Konsumenten (über die Umlaufgeschwindigkeit) sind ebenfalls Akteure in der Liquiditätsdiskussion. Daher ist das NZZ Argument meiner Meinung etwas kurz gegriffen.


Ich stimme dir zu, dass es Freiheitsgrade in menschlichen Systemen und wenig Naturgesetzlichkeit gibt. Es liegt in der Verantwortung des Einzelnen, sich zu überlegen, was er mit seiner Liqudität macht. Ich glaube aber hier nicht an Regulation sondern, eher an Alternativen, Bewußtseinsbildung etc. Der Bankensektor ist schon so reguliert....das schafft nur Ausweichmöglichkeiten, Kosten für kleine Bannken etc. Aber das ist ein neues Thema.


 

0 #16 Ralf 2013-04-02 23:02

Das ganze Thema der Spekulation auf der Makroebene (was beeinflusst ein spekulatives Klima) wurde in diesem Beitrag nicht behandelt. Eine feiner Artikel (Die Logik der Spekulation), mit einem Schwerpunkt zum Ökonomen Minsky findet sich auf diesem Blog: http://le-bohemien.net/2012/11/16/die-logik-der-spekulation/




 

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